Liebe Modellbaufreunde!
Viele fragen sich wahrscheinlich, warum man als Modellbauer noch zusätzlich zur knapp verfügbaren Hobby-Zeit Auftragsarbeiten durchführt. Nun, zum einen bin ich froh wenn ein Modell aus Platzgründen nach einigen Wochen gleich an seinen neuen Besitzer geht, hauptsächlich geht es mir jedoch um die Freude, die man Sammlern machen kann wenn sie dann das fertige Modell endlich in Händen halten. Natürlich muss mich das Projekt auch ansprechen, das „Topic“ muss sozusagen interessant sein und die Chemie mit dem Auftraggeber sollte ebenfalls stimmen.
So trat im Sommer ein Sammler aus Wien an mich heran, ob ich ihm eine MiG-29 „early“ im Standard Camouflage Schema bauen könnte. Der Kontakt war von Anfang an nett und wertschätzend, eine MiG-29 fehlte noch in meinem Repertoire, und so war der Bau rasch beschlossen und konkretisiert.
Als Bausatz kam für uns nur der von Great-Wall-Hobby in Frage. Dieser sollte lt. Recherche eine Referenz für die MiG-29 in 1:48 darstellen. Auf Aftermarket-Parts wollten wir verzichten, da der Bausatz wohl schon einiges an tollen Details enthielt. So war es dann auch und wir wurden nicht enttäuscht. Die Schachtel kommt gut gefüllt mit einem kleinen PE-Set, einem Decal-Bogen für 3 Varianten (es sollte die Orange 07 werden), und natürlich zahlreichen gut detaillierten Plastik-Teilen. Zusätzlich legt GWH noch ein A4-Poster der Box-Art Maschine bei – eine zusätzliche Aufwertung des nicht ganz billigen und mittlerweile schwer erhältlichen Bausatzes aus Fernost.
Zum Bau: Eines vorneweg: ich musste die MiG zwei Mal bauen – dazu jedoch später mehr. Begonnen wird wie üblich mit dem Cockpit und Sitz. Die Befürchtungen bzgl. Schleudersitz haben sich leider bewahrheitet, dieser ist wirklich sehr fummelig zu bauen. Ein Resin-Sitz wäre hier wohl die passende Ergänzung. Das Cockpit selbst ist jedoch super detailliert und macht jedes PE-Teil überflüssig. Die Anzeigen werden mit einzelnen Decals beklebt und sind danach von einem Photo Ätz-Teil fast nicht mehr zu unterscheiden.
Der Rumpf liefert dann einige Herausforderungen, gerade für die Unterseite sollte man sich extrem viel Zeit lassen, denn es muss viel angepasst werden. Auf den Einbau der Triebwerke habe ich komplett verzichtet, es hätten ansonsten die Verkleidungen einfach nicht gepasst. Aber auch ohne Triebwerke ist hier die Passgenauigkeit einfach nicht gut, selbst als erfahrener Modellbauer hatte ich hier so meine Schwierigkeiten. Die obere Rumpfhälfte inkl. Tragflächen hingegen kommt aus einem Guss, hier wird man wieder entschädigt. Slats und Flaps lassen sich variabel gestalten, auch die „Elevators“ sind am Ende beweglich (Vorsicht jedoch mit den sehr filigranen Zapfen).
Nachdem ich diese Hürden gemeistert hatte, ging der restliche Zusammenbau relativ problemlos voran. Da ich noch ein paar Tage auf die Eduard-Maskierfolie warten musste, baute ich zuerst Fahrwerk, Raketen und Pylone fertig. GWH spendiert der MiG übrigens ein Set aus 3 verschiedenen Raketentypen, die hervorragend detailliert und teilweise auch mit PE-Teilen versehen werden. Da mir die Farbhinweise für das Fahrwerk und Klappen komisch vorkamen (alles sollte in Gunze H308 lackiert werden), recherchierte ich hier im Netz und wählte die aus meiner Sicht besser passenden Farben aus meinem Regal.
Und nun kam die eigentliche Hürde – die Lackierung. Besser gesagt die Farbtöne. Voll in meinem Element (wer kennt das nicht) lackierte ich nach Bauanleitung gerade drauf los. Den Grau/Grün-Ton für die Oberseite habe ich akribisch nach Anleitung gemischt. Zuerst dachte ich es wäre so in Ordnung und mit Klarlack und Washing würde sich das Ganze noch entsprechend verändern. Am Ende erstrahlte das Modell allerdings in einem sehr hellen Grünton, auch das Grau (lt. Anleitung Gunze H308) war viel zu blaustichig und auch zu dunkel. Was tun fragte ich mich…war ich komplett farbenblind oder unser Anspruch einfach nur zu hoch?
Nun ging die eigentliche Arbeit los. Nach kurzer Abstimmung mit meinem Auftraggeber entschieden wir, dass die MiG so nicht authentisch ist. Auch wenn die Referenzfotos bereits älter und auch nicht sehr aussagefähig wären, ich (oder besser gesagt GWH) lag mit der Farbgebung leider komplett daneben. Ich habe mich aus Qualitätsgründen gegen ein Ablacken und für den Bau eines neuen Modells entschieden. Die falsch lackierte MiG habe ich, da bereits zu 90% fertig, aber trotzdem fertig gebaut.
Natürlich war es uns nun ein Anliegen, den Farbton beim nächsten Mal genau zu treffen. Gemeinsam gelang es uns, mit dem Ammo by Mig Set Nr. 7204 und viel Geduld die richtigen Grau/Grün-Töne zu mischen. FS24277 wurde mit Gunze H303 und H067 abgetönt, FS26373 Silver-Grey wurde mit ca. 20% Weiss aufgehellt. Für die Unterseite gab ich dem Grauton noch etwas H308 hinzu, um einen leichten Blaustich zu erzeugen. Eigenartig das selbst die angeblich originalen Ammo-Mig Farben nicht zu 100% passen. Somit sind wohl selbst die Profis mit den älteren russischen Farbtönen hier überfordert. Fairerweise muss man sagen, dass mir ein Mitarbeiter von „Ammo by Mig“ per Mail-Support einige besser passende Farben genannt hat, am Ende hatten wir es jedoch selbst hinbekommen. Nach einigen Probelackierungen, Austausch per Fotos und einem persönlichen Treffen waren wir der Meinung, die passenden Farbtöne gefunden zu haben.
Erneut traf der Bausatz aus China ein, und es konnte ein zweites Mal losgehen. Dieses Mal sollte es nun aber eine „Late“-Version werden, und zwar die Rote 35. Gesagt getan, der Bau ging ein zweites Mal etwas leichter von der Hand, und das Modell war nach ein paar intensiven Modellbautagen wieder fertig für den Lackiervorgang. Eine Late-Version lässt sich mit dem Bausatz übrigens problemlos realisieren.
Da die Referenzen für die Rote 35 sehr mager aussehen, und auch kein passender Decalbogen verfügbar war, hielt ich mich so gut es ging an das einzige Foto welches wir von der Maschine hatten. Ich kombinierte diese Vorgabe mit den mir vorliegenden diversen Camouflage Schemen. Die 35er Ziffern am Bug kamen schlussendlich von einer Hobby-Boss MiG-31, die am Heck aus der Restekiste. So musste ich den Begemont-Decalbogen, welchen mir mein „Mitstreiter“ hat zukommen lassen, nicht anrühren.
Fertig lackiert und mit Decals und Washing versehen war die MiG nun einfach nur mehr der „Hammer“. Der Kontrast stimmte, das Weathering war stimmig und die Farbtöne von den Original-Fotos fast nicht mehr zu unterscheiden – der Aufwand hatte sich gelohnt!
Nach Einbau von Fahrwerk, Nozzles, Pylone und Klappen war die MiG fast fertig und konnte mit einem seidenmatten Finish versehen werden. Mein Auftraggeber ist begeistert, und so wird die MiG hoffentlich seine Sammlung bereichern!